Ich liebe mein Leben...

... auch wenn es nicht immer leicht ist.

Doch mit diesem Eindruck – dass unser Leben nicht leicht ist, meine ich - bin ich nicht alleine, das weiß ich, seit dem ich vor ein paar Jahren in dem Blog einer Amerikanerin von deren Depression gelesen habe. So, wie sie das beschrieb, hat es mir geholfen zu verstehen, dass meine wechselnden Gefühlslagen als normal anzusehen sind.

Das ist auch der Grund, warum ich das Folgende hier schreibe, den ich hoffe, dass die ein oder andere Leserin dadurch auch den Eindruck bekommt, dass sie vollkommen „normal“ ist.

Wenn ihr schon öfters in meinem Blog gelesen habt, dann ist euch bekannt, dass ich in den letzten Jahren einen frühkindlichen Missbrauch, Traumatisierungen und eine schwere Depression aufgearbeitet habe und es immer noch tue. Traumatisierungen, wenn sie nicht aufgelöst werden, haben meist Depressionen zur Folge. Depressionen sind, aufgrund ihrer Natur, meist keine einmaligen Ereignisse. In der Folge von mehreren solchen Episoden hat sich in der Chemie des Gehirns etwas verändert, was die betreffende Person instabil und anfällig macht für erneute Depressionen. Darum werden Patienten oft mit Medikamenten eingestellt. Das habe ich für mich immer abgelehnt. Darum ist mein Leben oft eine Gradwanderung zwischen meinem realen Sein und dem Szenario, das meine Sinne, aufgrund von Gefühlen inszenieren.
Diese verschiedenen Gefühlslagen werden durch Trigger ausgelöst, doch dazu später.

Ich lehne Medikamente auch darum ab, weil mich meine Ressourcen den Missbrauch und die Traumatisierungen haben überleben lassen. Kreativität z.B. ist so eine Ressource. Ich habe entschieden, mein Leben mit diesen Ressourcen zu gestalten und sie zu leben – ohne Medikamente. Was für mich richtig ist, muss es für andere nicht sein.

Da ich aufgrund dieser Gefühlslagen manchmal nicht „Herrin in meinem Haus“ bin, weiß ich was Kontrollverlust ist, doch den hätte ich immer, wenn ich Medikamente nehmen würde, ist mein Eindruck - der muss nicht richtig sein. Ich habe mich darum dazu entschieden, diese oft anstrengenden Gefühlslagen zu ertragen, zu erleben, zu fühlen und auszuhalten. Ich will ihre Auslöser erkennen und daraus lernen, denn warum habe ich sie? Ich denke mal, um Zusammenhänge zu begreifen, zu lernen und daran zu wachsen.
Und was ist das Leben anderes als ein Prozess des Wachsens?

Ich bin in einer bestimmten Situation sozialisiert worden, habe Werte und Maßstäbe vermittelt bekommen und bin unter bestimmten Bedingungen aufgewachsen. Es ist unbestritten, dass dies alles zur Formung meiner Persönlichkeit beigetragen hat. Wissenschaftler wissen inzwischen, dass bestimmte Gefühlslagen auch vererbt sind, also auch entstehen, wenn es dafür keine Auslöser in unserem eigenen Leben gibt.
Die Gehirnforschung macht immer neue Erkenntnisse, die in die Therapierung von Traumatisierungen einfließen. Es ist ein sehr spannendes Feld. In der Alzheimerforschung ist man der Entstehung dieses Plaques auf der Spur, der sich im Gehirn ablagert und Nervenbahnen zerstört, die dann diese Krankheit auslösen. Es gibt die Vermutung, dass dieser Plaque unverarbeitet und nicht aufgelöste Gefühlslagen sind. Für mich macht das Sinn. Warum? Weil ich z.B. immer wieder erlebe, wie Erkenntnisse und Einsichten meine Gefühlslage, meine Befindlichkeit verändern.

Ich habe immer gesagt, dass die Renovierung meiner Wohnung nicht nur eine Veränderung meiner Umgebung ist, sondern auch eine Veränderung in meinem Leben. Warum?
In dem ich anfing mein Potenzial auszuschöpfen und mich nicht darauf beschränkte eine gute Fotografin zu sein, fingen auch meine Kritiker und Saboteure an auf mich zu feuern. Ich weiß nicht wer mich gelehrt hat, dass ich nicht das tun darf, was ich tun möchte, oder wer meine Mutter daran gehindert hat, das zu tun, was sie gerne tun wollte. Fakt ist, ich muss mich von solchen Glaubenssätzen befreien, die da lauten, das mein Leben schwer und kein Vergnügen zu sein hat z.B., was sich hier leichter liest, als es in der Realität ist.

Traumatisierungen haben zur Folge, dass die damit verbundenen Gefühle -meistens ist es Todesangst, dass Gefühl von Minderwertigkeit und Schuld - vom Ereignis losgelöst im Gehirn abgespeichert werden. Damit komme ich zu den Triggern.

Trigger sind Sinneseindrücke, die Erinnerungen an alte Erfahrungen in einer Art wecken, als ob diese Erfahrung jetzt noch mal neu gemacht werden würde. Diese Erinnerung erfolgt meist plötzlich und mit großer Wucht. Die damaligen Gefühle werden unmittelbar erlebt (Flashback). Die reale aktuelle Situation kann dann vom Betroffenen oft nicht mehr wahrgenommen werden.

Als Trigger können ganz schwache Signale wirken, beispielsweise ein Geruch, eine Geste, ein Geräusch. Da diese im Zusammenhang mit schweren seelischen oder körperlichen Verletzungen (posttraumatische Belastungsstörung) stehen, sind die Auswirkungen für die Betroffenen nur schwer zu begreifen.

Ich habe in den letzten Jahren gelernt immer schneller zu begreifen, dass meine aktuelle Gefühlslage durch einen Trigger ausgelöst worden ist. Schnell ist z.B. , wenn ich, wie gerade passiert, schon nach 10 Stunden weiß, dass ich angetriggert worden bin.

Gestern z.B. wurde ich urplötzlich tief traurig, ja, wirklich, von einer Sekunde auf die andere. Ich hatte keine Erklärung dafür, es gab auch kein Ereignis, was der Grund dafür sein könnte. Ich spürte nur eine lähmende Traurigkeit. Ich konnte nicht weinen, fühlte mich nur total niedergeschlagen, es war ziemlich schlimm. Dann sah ich einen Film, da wollte ein Mann sterben, weil, mit dem Tot alles vorbei sei. Oh, ich konnte ihn gut verstehen. Der Satz: Weil dann alles vorbei ist, klang unendlich erlösend für mich in dieser unendlichen Traurigkeit.

Keine Sorge, ich bin weder todessehnsüchtig noch Selbstmordgefährdet. Ich habe gelernt solche Gefühle auszuhalten, denn sie bringen mich der Auflösung näher. Als dieser Gedanke, meinem Leben ein Ende zu setzen, weil dann auch dieses Gefühle der lähmenden unendlichen Traurigkeit verschwinden würden, so garnicht beängstigen war, gingen bei mir alle roten Alarmblicklampen an, und mir wurde bewusst, worauf ich hinsteuerte.
Da ich keine Erklärung fand, ging ich ins Bett und schlief auch recht schnell ein. Wurde jedoch in der Nacht wach und hatte sehr skurrile Träume – das kannte ich alles, doch wo war der Grund dafür?
Heute Morgen wurde ich wach in einem Zustand, in dem ich am liebsten im Bett geblieben wäre, doch Negrita musste ihre Geschäfte erledigen und ich erwartetet Besuch zum Frühstück.
Ich fühlte mich unendlich schwer und niedergedrückt und versuchte eine Erklärung zu finden. Was hatte ich getan bevor diese Traurigkeit einsetzte?
Ich hatte mir zuerst „Vergiss-mein-nicht“, einen Kinofilm, angesehen.
Darin geht es um das Auslöschen von Erinnerungen. Ich habe niemals zuvor gesehen, das gedankliche Assoziationketten des Gehirns so wunderbar in Bilder gegossen wurden.
Danach habe ich mir einen Film angesehen, der als reine Unterhaltung gedacht war. Doch genau diese wollte sich bei mir nicht einstellen. Ich fühlte mich beim Anschauen dieses Films betroffen, unangenehm berührt und plötzlich wurde mir klar, dass in diesem Film etwas gewesen sein musste, was mich angetriggert hatte.
Und in diesem Moment trat etwas ein, das ich Rumpelstilzchen-Effekt nenne.
Ihr kennt das Märchen vom „Rumpelstilzchen“ ganz sicher. „Heute back ich, morgen brau ich, übermorgen hol ich der Königin ihr Kind; ach, wie gut dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß!“
Für mich bedeutet es, sobald ich erkannt habe, das hat mich getriggert, oder was mich getriggert hat, löst sich diese Gefühlslage auf und ich fühle mich augenblicklich besser. So auch heute Morgen. Ich wurde wieder Handlungsfähig, denn mir ist - noch unscharf zwar – klar, dass mich etwas in diesem Film angetriggert hat. Was, werde ich zu einem anderen Zeitpunkt versuchen zu bearbeiten.

Diesen Moment, in dem es mir, von einer Sekunde auf die andere, wesentlich besser geht – ist fast nicht zu beschreiben, weil so unfassbar, doch, ich kann es benennen, weiß seinen Namen und ES verliert seine Macht über mich, ich bin wieder die Herrin in meinem Haus.
Das ist unendlich großartig und beweist mir, was unsere Gedanken für eine Macht über uns und unsere Befindlichkeit haben.

Obwohl ich ziemlich erschöpft bin habe ich einen schönen Schneespaziergang mit Negrita gemacht, sie liebt Schnee.

Ja, und weil sich die Dinge so entwickeln können, liebe ich mein Leben, ist doch ganz einfach, oder?

Nachtrag:
Als ich vor 8 Jahren erkrankte habe ich selbstverständlich ein Medikament genommen um erst einmal wieder stabilisiert zu werden und um zu erkennen, was da gerade mit mir passierte. Doch, als ich dies erkannt hatte, habe ich mich gegen weiteren Medikamente entschieden. Bachblütentropfen und Mudras waren dann das Mittel meiner Wahl, wenn ich mehr Unterstützung brauchte, als meine Therapeutin mir geben konnte.
Eine Depression ist m.E. die Reaktion auf ETWAS. Medikamente helfen mit der Depression umzugehen, beseitigen jedoch nicht den Grund für ihr Entstehen. Eine Depression ist eine schwere Krankheit, die jedoch ohne einen Auslöser nicht entstehen kann - behaupte ich mal.

Achtsamkeit sich selber und seinen Gefühlen gegenüber sind neben der Reflektion eine wichtige Vorraussetzung um wieder "gesund" zu werden. Viele Jahre war ich nicht achtsam und bin oft über meine Grenzen gegangen. Meine schwere Schilddrüsenerkrankung war sicher eine Hinweis darauf, dass ich mich mehr um mich selber kümmern sollte, was ich nicht tat.
Heute bin ich - so hoffe ich - mir gegenüber achtsam und aufmerksam und nehme Dinge ernst, die ich früher einfach abgetan hätte.
Meine Heilpraktikerin meinte bei meinem letzten Besuch, sie hätte mich noch nie so gesund erlebt. Eine Aussage auf die ich richtig stolz bin.

Kommentare

Anonym hat gesagt…
hallo du gute seelenarbeiterin!! das liest sich ja wunderbar, herzlichen glueckwunsch dazu und das werde ich gleich dagmar schicken, weil ihr mann ... aber das erzaehle ich dir per mail.

bis gleich
samate
seifenlädchen hat gesagt…
Einfach wunderbar wie Du eine komplizierte Seelenlage so wahnisinnig schön beschreibst...
Anonym hat gesagt…
Sehr schön geschrieben und erklärt.
Danke für diese Zeilen.

Liebe Grüße, Bloomsbury
Quiltmoose - Dagmar hat gesagt…
Wow, was für ein Post! Unglaublich, wie du es schaffst, dich mit deinen Problemen so tiefgreifend auseinanderzusetzen! Ich könnte all das niemals in Worte fassen, aber kann das meiste, was du schreibst, gut nachvollziehen.
Alles Gute im neuen Jahr wünscht dir
Dagmar
Bogi hat gesagt…
Hut ab für Deinen Biss, den Du an den Tag legst. Das macht Mut.

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